Mittwoch, 26. September 2007

Näbel und Chempä – 12 SL max. 6a – diesmal komplett

Der Urlaub neigte sich dem Ende zu. Wir hatten einen kurzen Tag Regenerationsphase eingeschoben, nachdem wir am frühen Morgen vom Matterhorn kommend in unsere Betten in Innertkirchen gefallen waren.
Nun lagen noch ein paar Tage gutes Wetter und einige Pläne vor uns. Den ersten wollten wir heute angehen. Er erforderte ein Aufstehen um 7:00 Uhr, das von einem kurzen Frühstück, einer kurzen Autofahrt und einem langen Hüttenaufstieg gefolgt war. Die Hütte war aber nicht unser Ziel. Wir waren dort, um eine Rechnung zu begleichen. Eine Rechnung, die wir wenige Wochen zuvor erst aufgemacht hatten.


Es ging abermals in die Engelhörner zur Vorderspitze. Das Finden des Einstiegs gelang uns dieses Mal wesentlich besser als beim Mal zuvor. Schon zwei Stunden nach dem Verlassen des Autos auf ca. 1500m Höhe bei 3°C waren wir bereit zum Einstieg in „Näbel und Chempä“, die wir schon einmal nach der vierten Seillänge abgebrochen hatten.


Beinahe wäre die Tour schon vor der ersten Seillänge vorbei gewesen. Chucks kräftige Klettererpranke war anscheinend zu viel für ein zierliches Granitbröckchen der Größe einer Familienpizza (der Vergleich hinkt etwas, da der Block zwar eine ähnliche Länge und Breite hatte, eine Familienpizza aber selten ein Volumen von ca. 70 Kubikdezimetern aufweist). Jedenfalls sorgten die herunterrauschenden Gesteinsmassen beim Anstieg für die Ausschüttung von Adrenalindosen, mit denen man mehrere Wiederbelebungsversuche wie in „Pulp Fiction“ hätte starten können.


Als wir in die erste Seillänge einstiegen, wurde das adrenalinbedingte Zittern durch ein kältebedingtes abgelöst. Vorerst kletterten wir noch im Schatten, hatten aber die begründete Hoffnung, bald in der strahlenden Sonne zu stehen.


In der dritten oder vierten Seillänge war es dann endlich so weit. Es war um einiges angenehmer in der Sonne zu klettern und zu stehen, als im viel zu kalten Fels. Das Tempo, welches man mit kalten Fingern erreichen kann, ist auch nicht ganz so schnell, wie mit warmen, da man länger nach Griffen tasten und sorgfältiger zugreifen muss. Ganz sicher ist man sich dabei nicht, ob man richtig gefühlt hat, oder ob der Griff ausreicht, da einem das Fingerspitzengefühl durch die Kälte abhanden kommt.


Die Fleece-Jacken ließen wir während der ganzen Tour trotz der Sonne an, da es mittlerweile merklich dem Herbst zuging. Die ersten Anzeichen dafür hatten wir schon Anfang September im Supermarkt bemerkt, als wir plötzlich vor einer riesigen Auswahl an Lebkuchen und anderem Weihnachtsgebäck standen. Hinzu kam noch der vermehrt auftretende Morgennebel im Tal und dann natürlich der Schnee der letzten Tage, der sich immer noch an einigen Hängen hielt und wahrscheinlich erst nächstes Jahr wieder verschwunden sein würde.


Auch bei uns war ein wenig der „Sommer“ für diese Saison vorbei. Die Kletterei war sehr schön, interessant und in einem Schwierigkeitsgrad, von dem wir wenig starke Anstrengung erwarteten. Wir merkten jedoch, dass uns die Route ganz schön ran nahm. Am Ende mancher Seillänge waren wir ziemlich geschafft. Wahrscheinlich hätten wir einfach eine längere Regenerationspause benötigt, anstelle nach unserer Tour am Matterhorn nur einen Ruhetag einzulegen.


Wir erreichten nach dem Ausstieg aus der Route gegen 15:30 den Gipfel der Vorderspitze über einen kleinen Grat und machten uns dann an den Abstieg. Durch wenig übersichtliches Gelände gelangten wir auf der Rückseite des Berges durch ein Schuttfeld in Richtung Simelisattel.


Oben sieht man das Gelände, durch das wir den Abstieg wagten. Zum Glück fanden wir einige Steinmänner, da wir sonst wahrscheinlich ein paar unbequemere Varianten gegangen wären.


Ein weiterer Teil des Abstiegs führte über die im obigen Bild sichtbaren aufgeschichteten Granitplatten, die fast senkrecht standen und gute Stufen bildeten, über die ein Abstieg die Wand hinunter möglich wurde.


Nach ein paar Mal Abseilen und Hinunterqueren des steilen Kessels erreichten wir ungefähr sieben Stunden nach unserem Einstieg in die Route wieder den Platz, an dem wir unsere Rucksäcke deponiert hatten. Der Weg durch den Kessel nach unten ins Ochsental ist ziemlich schwer zu finden bzw. existiert nicht. Man geht fast die ganze Zeit durch steiles Gelände nach unten und braucht dazu noch einiges an Konzentration.
Wir seilten ein letztes Mal durch eine Rinne ab und erreichten bald wieder die Engelhornhütte und gegen 19:20 Uhr das Auto.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hi Jan,
bist also wieder im Lande.
Freue mich, dass Du unseren blog noch zu Ende schreibst und ich mal wieder eine neue - oder alte - Geschichte lesen kann.
Bis bald?